Das mittelalterliche Europa, wie wir es uns meist vorstellen, war lange Zeit eine räumlich ziemlich eng beschränkte Angelegenheit. Die römisch-katholische Kirche, das Lehnswesen, Ritterheere und Burgen … all das gab es (zumindest in Vorläufern) nur im heutigen Frankreich, Westdeutschland, den Benelux-Ländern und Norditalien. Der Einfluss des Papstes ging auch nicht weit über diesen Raum hinaus. Tja und dann … dann kam das Hochmittelalter und beginnend mit dem 11. Jahrhundert änderte sich alles explosionsartig. Die Werte dieses lateinisch-fränkischen Westeuropas breiteten sich plötzlich in alle Richtungen aus und dreihundert Jahre später sahen ehemals periphere Regionen Europas dem „alten Westen“ verdammt ähnlich. Die Reconquista trug das lateinisch-fränkische System auf die Iberische Halbinsel, die Kreuzzüge in den Nahen Osten und die Deutsche Ostsiedlung (oder Ostkolonisation) brachte dieses System und die deutsche Sprache bis ins Baltikum, ins heutige Polen, Tschechien, Ungarn und Rumänien. Weite Teile Osteuropas wurden im Hochmittelalter so zur „Germania Slavica“.
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Diese Prozesse kann man lose mit der (wenn auch sperrigen) Bezeichnung „Hochmittelalterlicher Landesausbau“ zusammenfassen. In dieser Minireihe des Déjà-vu Geschichte Podcasts wollen wir diesem hochmittelalterlichen Landesausbau mal näher auf den Grund gehen. Was waren die Auslöser für die ruckartige Expansionsbewegung aus dem fränkisch geprägten Westeuropa? Und wie sah diese Expansion in den Zielregionen am Rand der damaligen europäischen Welt aus? Dem möchte ich mich in zwei Teilen widmen. In der heutigen ersten Episode machen wir dafür erstmal Stand: Wie sah Europa an der Wende zu Hochmittelalter aus, woher kamen die plötzlichen Veränderungen und was bedeutete das alles? In der nächsten Folge schauen wir uns diesen Prozess dann in den neu besiedelten Gebieten an und finden heraus, wie Europa sich damals selbst kolonisierte und zu dem wurde, was wir heute kennen.
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Links zur Episode
Quellen
- Robert Bartlett: Die Geburt Europas aus dem Geist der Gewalt
Moin!
Ja, das mit dem Klima: Immer wenn’s warm wurde gabs Hochkultur: Römisches Klimahoch, Mittelalterliches Klimahoch … was auch den Wikingern das Überleben auf Grönland ermöglichte. Und wenn es abkühlte, ging die Kultur und die staatlichen Strukturen den Bach runter: Das Ende der bronzezeitlichen Hochkulturen um 1.200+/- bc., das Ende des Römischen Reiches, der 30-jährige Krieg. Aber natürlich wird das von unseren Freunden der letzten Tage komplett verdrängt, bzw. Geschichtswissen ist halt schon Luxus, wenn man komplett ideologisiert ist.
Und ganz so klein war der Kulturraum um 1.000 nC m.E. nicht: zumindest das angevinische Reich und Reichsitalien gehören m.E. grundsätzlich dazu.
Oh ja.. das wird ausgesprochen erfolgreich ignoriert heute. Aber die Realität holt uns ohnehin schon ganz gewaltig ein. Tja.
Das mit dem Kulturraum stimmt schon. Aber relativ gesehen ist das dennoch wenig, wenn man sich die spätere „lateinische Christenheit“ kurz vor der Reformation etwa ansieht. So meinte ich es
Danke für die Folge! Hoffentlich kann ich jetzt den „hochmittelalterlichen Landesausbau“ und die früher stattfindende „fränkische Landnahme“ auseinanderhalten. Wie es zu dieser Verwechslung kam? Ursprünglich komme ich aus Schwabach in der Nähe von Nürnberg. Aus der Stadtgeschichte wusste ich, dass die heutige Stadt auf einen Königshof aus der Zeit der fränkischen Landnahme zurückgeht. Daneben stammt die erste urkundliche Erwähnung aus dem 12 Jahrhundert, also aus der Zeit des Landesausbaus. So schnell kann man Dinge „zusammendenken“ wenn man nicht aufpasst.
BTW, wie wäre es mal mit einem Stadtspaziergang (oder einer Serie?) durch die „Metropolregion Nürnberg“, also hauptsächlich Nürnberg, Fürth und Erlangen (sowie für mich natürlich auch Schwabach)?
Hallo! Ich hoffe schon, das auseinanergehalten zu haben. Wobei ich ehrlich gesagt keine Details zur fränkischen Landnahme kenne (was da ja wahrscheinlich hilft 😅). Nürnberg und Region wäre auf jeden Fall mal einen Besuch für den Podcast wert – steht auf meiner Liste! 🙂