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Der Spanisch-Amerikanische Krieg: Wie die USA zur Großmacht und ihr Spread-Eagleism zur Ideologie wurden

In den letzten Wochen habe ich hier über einige Beispiele von Hurra-Patriotismus gesprochen. Von den Anfängen im Griechischen Unabhängigkeitskrieg bis zum recht kürzlichen Aufwallen alter Euphorie im britischen Falklandkrieg geschah es immer wieder. Immer wieder fanden Menschen ihre (oder im Fall der Griechen auch mal eine andere) Nation so richtig geil und mussten es dem Rest der Welt einfach zeigen. Ein paar Grundlagen zur modernen Idee des Nationalismus gibt’s übirgens hier.

Aber natürlich ist keine Abhandlung über Patriotismus komplett, ohne die USA zu nennen! Ich meine, wie oft habt ihr schon amerikanische Touristentruppen erlebt, die laut brüllend durch die Straßen Europas zogen? „USA, USA, USA!“ Als würde man sich damit irgendwelche Freunde machen… Aber irgendwo muss das ja herkommen. Und woher? Naja, zum großen Teil vom Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898!

Vom amerikanischen Exceptionalism zum Spread-Eagleism

Die USA waren ja immer schon etwas Besonderes. Also zumindest glauben das dort viele und auch schon im 19. Jahrhundert war dieser Glaube in den USA weit verbreitet. Man sah sich als etwas anderes als diese ganzen europäischen Staaten, die sich da so in der Welt herumtummelten. Immerhin war man ja die erste richtige demokratische Republik! Und zu so einem Selbstbild gehörten dann ein paar Dinge ganz selbstverständlich dazu. Seit den 1820er-Jahren begannen sich die USA aus dem Weltgeschehen außerhalb des eigenen Kontinents herauszuhalten. Die Monroe-Doktrin von 1823 legte fest, dass sich die USA nicht außerhalb ihres „Einflussbereichs“ am amerikanischen Kontinent betätigen würden. Gleichzeitig verbat man sich aber auch jeglichen europäischen Einfluss auf die Geschehnisse in Amerika. Während die bestehenden europäischen Kolonien dort zwar anerkannt wurden, waren die USA in der Zeit also auch eine Macht gegen den Kolonialismus. Logisch bei der eigenen Geschichte eigentlich.

Wenn man sich die Vereinigten Staaten heute so anschaut, scheinen wir aber Welten von der Monroe-Doktrin und dem alten Isolationismus entfernt. Über den ganzen Globus verstreut haben die USA ihre Militärbasen und bis vor kurzem sahen sie sich überhaupt als Sheriff der Welt. Wie kamen wir also dahin, wo wir heute sind? Wie kamen wir von der Idee der amerikanischen Besonderheit, dem „Exceptionalism“, zur heutigen US-Großmacht? Nun, das hat ganz viel mit einem kleinen Krieg zu tun: dem Spanisch-Amerikanischen Krieg am Ende des 19. Jahrhunderts. Und mit billigem Patriotismus, angefeuert von einer selbstbewussten Boulevardpresse und dem späteren amerikanischen Kriegsglück. Aja, und unterwegs fanden die USA sogar selbst Geschmack am Kolonialismus! Wie sich die Zeiten nicht ändern…

Der Spanisch-Amerikanische Krieg

Auch vor dem spanisch-amerikanischen Krieg war die Problematik mit dem spanischen Kolonialreich für die USA natürlich nicht unbekannt. Schon als die Monroe Doktrin in den 1820ern ausgesprochen wurde, litt sie ja unter einem schwerwiegenden eingebauten Problem. Die europäischen Kolonien in Amerika einerseits anzuerkennen, europäische Aktivität am Kontinent sonst aber zu untersagen… das kann doch nicht lange gut gehen. Irgendwann musste man damit doch in Konflikt geraten. Und so war es dann ja auch und zwar eben mit Spanien. Das war in der Nachbarschaft der USA im 19. Jahrhundert ja immer noch äußerst aktiv. Gut, 1810 ging zwar Mexiko flöten. Und ja, kurz darauf auch der Rest Mittel- und Südamerikas. Aber all die Prachtstücke des Spanischen Imperiums waren doch noch da! Guam zum Beispiel! Oder Kuba! Ja Kuba, die Krone des Reichs! Solange wir das noch haben, ist doch alles gut. Sagten sich die Spanier. Hold my drink, sagten die Amerikaner.

Mit Kuba fing das Problem für Spanien in der Neuen Welt gegen Ende des 19. Jahrhunderts nämlich so richtig an. Die waren mit dem Mutterland nämlich gar nicht mal so zufrieden. Schon Jahrzehnte vor dem Spanisch-Amerikanischen Krieg erhoben sich in Kuba immer wieder Unabhängigkeitsbewegungen gegen Spanien. Da gab es schon mal einen 10-jährigen Krieg ab 1868 (im Gegensatz zu so manch anderem Krieg haben die Historiker hier sogar richtig gezählt und er dauerte tatsächlich zehn Jahre). Kurz darauf folgte noch ein kleinerer Krieg namens „Kleiner Krieg“ (ja.. ich weiß) und immer wieder kleinere Scharmützel bis Kuba 1895 schließlich im offenen Aufstand gegen die spanische Kolonialherrschaft stand.

Was das alles mit den USA zu tun hat, fragt ihr jetzt? Es heißt ja schließlich nicht spanisch kubanischer sondern spanisch amerikanischer Krieg! Eigentlich hatten die USA damit gar nicht so viel am Hut aber es ergaben sich da ein paar blöde Zufälle. Weite Teile der US-Bevölkerung fand den Aufstand in nämlich erstmal Kuba richtig gut! Naja, wen wundert’s auch? Zu dem Zeitpunkt erzählten sich die Amerikaner ja seit einem Jahrhundert glorreiche Geschichten von ihrem eigenen Kampf gegen den bösen Kolonialismus. Natürlich fand eine anti-spanische Rebellion in Kuba da ihre Anhänger im Land! Im Jahr 1898 konnte sich US-Präsident McKinley gegen diese Meinung auch nicht mehr wehren und entsandte das amerikanische Schlachtschiff USS-Maine nach Havanna. Nicht unbedingt um die Spanier anzugreifen natürlich. Man wollte nur… aufzeigen, dass man auch noch da war.

Die Lage in Kuba eskaliert, die Patrioten finden’s geil

Die Sache mit der USS-Maine lief dann in der Folge leider nicht so optimal. Nach ein paar Wochen explodierte das Schiff nämlich im Hafen Havannas. Es ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt, woran diese Explosion lag. Die Meinung in den USA war aber schnell klar: Es waren natürlich die verdammten Spanier! Zumindest tönten dass die aufkommenden Boulevardzeitungen aus New York lauthals raus und erfanden bei der Gelegenheit gleich noch ein paar Geschichten über spanische Übergriffe gegen die kubanische Zivilbevölkerung. Eine besonders einfallsreiche Headline der Zeit war „Remember the Maine, to hell with Spain“. Na solange sie ein Argument haben…

Aber natürlich waren die Zeitungen nicht der einzige Grund dafür, dass die USA den spanisch-amerikanischen Krieg begannen. Das Land hatte in Kuba auch handfeste Interessen! Das hat sich bis heute ja nicht großartig geändert. Die USA waren 1898 schon seit langem der größte Handelspartner Kubas. Obendrein lag die Insel einfach praktisch, nah am US-Staatsgebiet und am Weg nach Mittelamerika, wo in den USA schon länger Träume über den Bau eines Kanals, dem späteren Panama-Kanal, rumschwirrten. Kuba zu kontrollieren würde da zumindest nicht schaden.

Und so gaben die USA ihre Isolation 1898 also auf und erklärten Spanien den Krieg. Und das wusste nicht, wie ihm geschah. Innerhalb von nur ein paar Monaten besiegten amerikanische Truppen die Spanier nämlich an allen Fronten. In Kuba selbst waren die Amerikaner und die Aufständischen schon in kürzester Zeit siegreich. Weil man aber gerade dabei war, griffen die US-Truppen auch gleich noch das nahe gelegene Puerto Rico an. Und dann die nicht ganz so nahe gelegenen spanischen Philippinen. Aber gut, die lagen eben auch sehr praktisch. Aja, und weil sie gerade auf dem Weg dorthin waren, schnappten sie sich unterwegs noch schnell Guam. Wenn’s läuft, läuft’s halt.

Und so endete das spanische Kolonialreich und alle waren frei und glücklich

Nachdem Spanien und die USA Ende 1898 dann in Paris Frieden geschlossen hatten, war das spanische Kolonialreich endgültig am Boden zerstört. Kuba wurde von Madrid in die Unabhängigkeit entlassen. Wobei wir ja schon gehört haben, wer dort wirtschaftlich so das Sagen hatte. Man kann sich ja schon vorstellen, wie das in der Zukunft so lief und heute noch läuft. Kleiner Tipp: Damals sicherten sich die USA ein besonders attraktive kleine Bucht auf Kuba, die sich Guantanamo Bay nennt. Die anderen im spanisch-amerikanischen Krieg von den USA besetzten Länder, Puerto Rico, Guam, die Philippinen, die wollten sicher auch gern unabhängig werden. Stattdessen schauten die Menschen dort aber bald dabei zu, wie amerikanische Soldaten in die Garnisonen der Spanier einzogen. So hatten sie sich das wahrscheinlich nicht vorgestellt.

Die USA waren damit endgültig zur Großmacht aufgestiegen und die Menschen im Land waren begeistert. Von Puerto Rico bis zu den Philippinen erstreckte sich der amerikanische Einfluss jetzt über die Hälfte der Welt. Wer braucht denn bitte die Monroe-Doktrin und die blöde Isolation, wenn man so viel Macht haben kann?! Wenn das bedeutet, die eigenen antikoloniale Geschichte ein bisschen zu überdenken, dann soll das eben so sein. Ein Begriff, der sich damals für die neue Außenpolitik der USA durchsetzte, war dann der sogenannte „Spread-Eagleism“. Warum? Dieses Bild könnte es erklären. Mit Isolation und nobler Zurückhaltung hat das jedenfalls nicht mehr so viel zu tun. Wie wir unsere USA eben kennen und lieben.

Was wir aus der Geschichte jetzt lernen sollen, kann man immer noch hier nachlesen. Letzte Woche ist übrigens – falls ihr es nicht mitbekommen habt – der erste Déjà-vu Geschichte Podcast erschienen! Es geht um Frauenhelden in der Geschichte. Könnt ja mal reinhören. Wir hören uns dann auch gleich nächste Woche wieder im zweiten Podcast und lesen uns dann in zwei Wochen. Mann, hier geht’s rund, ich sag’s euch…

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